„Der Rest ist Schweigen"
Erdachte Gespräche mit Friedrich Wolf (1888 - 1953).
Was ist eine angemessene Form, anlässlich des 60. Todestages sowie des 125. Geburtstages im Jahre 2013 Friedrich Wolf zu gedenken? Vielleicht kann sie aus einer Synthese aus Fiktivem und Faktischem bestehen.
Stefan Gotthelf Hoffmann lässt den sozialistischen Schriftsteller einfach für ein paar Tage wiederauferstehen, damit Wolf selbst zu Wort kommen kann. In der literarischen Fikrion Der Rest ist Schweigen! folgt Wolf der Einladung zu einem reflektierten Disput mit einem Literaturwissenschaftler. Er verlässt die Sicherheit einer jenseitigen Existenz im Reich der Schatten, um sich kritischen Fragen zu stellen, um zu antworten, um seine Erinnerungen darzulegen und um zuzuhören. Dazu gehört Mut, aber auch eine Einstellung, für sein eigenes Leben verantwortlich zu sein.
So schauen die beiden gemeinsam auf Phasen des Lebens F. Wolfs und auf Teile seines literarischen Oevres zurück, und zwar in sehr offenen, persönlichen, kritischen, zum Teil kontrovers geführten Gesprächen. Diese werden, so die zugrunde liegende Fiktion, von einem Tonband aufgezeichnet. Wolf hofft, für einen Moment aus dem Schatten des Vergessenseins heraustreten zu können. Darum stimmt er letztlich dem "Experiment" zu. Sich den verwelkten Lorbeerkranz des eigenen Ruhms vor Augen zu führen, ist Ausdruck von Stärke. Wolf weiß, dass er das öffentliche Bild von sich nicht mehr beeinflussen, steuern oder kontrollieren kann. Aber kann er schon akzeptieren, ganz loszulassen? Sechzig Jahre im Jenseits haben auch ihn verändert...
Wissenschaftler und Schriftsteller führen auch eine Art "Zweikampf". Manchmal lässt er den selbstverliebten Wolf einfach plappern, damit dieser sich dadurch selbst entlarvt. Aber auch der Wissenschaftler hat seine Schwächen, seine Eitelkeiten, seine Ängste, sich vom Charisma des großen Künstlers überrollen und sich einlullen zu lassen. Letztlich will auch er die Gespräche nur gut bestehen, um sie als persönlichen Erfolg in seiner beruflichen Laufbahn verbuchen zu können.
Wissenschaftler: Überlegen Sie sich, ob Sie Objekt oder teilnehmendes Subjekt sein wollen, Dr. Wolf. Als gleichberechtigter Gesprächspartner können Sie selbst aktiv sein und die inhaltliche Richtung des Disputs mit steuern, Einfluss nehmen.
Wolf: Quatsch! Wir sind nicht gleichberechtigt. Sie wissen alles über mich, haben sich akribisch vorbereitet und sich einen hübschen Plan zurechtgelegt, wie Sie mich schlachten und demontieren wollen. Ich weiß nichts über Sie, habe die Bühne des Lebens längst verlasen...
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Wolf: Große Künstler erfinden nun einmal auch große Legenden. Das ist Teil ihres künstlerischen Schaffens, ihres Lebens. Sie aber haben sich vorgenommen, mich kleinzumachen, kleinzureden.
Wissenschaftler: Nein, ich will nur die Luft aus Ihrem aufgeblähten Image herauslassen.
Wolf: Und warum machen Sie das nicht bei anderen Literaten? An den großen Goethe trauen Sie sich wohl nicht heran. Schauen Sie sich sein Werk "Dichtung und Wahrheit" an. Wie viele Schilderungen darin stimmen nicht mit den Fakten überein. Ich habe nichts anderes gemacht.
Wissenschaftler: Doch, das haben Sie, Herr Wolf.